Brautstrauß, Heiraten
Würden Sie sich selbst heiraten?
IMAGO/Ulrich Roth

Pro & Kontra ist eine in der STANDARD-Beilage "RONDO" erscheinende Rubrik, die auf humoristische Weise Themen aus dem Alltag diskutiert. Dieser Artikel stammt aus dem aktuellen RONDO Exklusiv zum Thema "Hochzeit".

Pro

Sich selbst zu heiraten – sei es offiziell oder symbolisch – ist ein Statement. Ein bisschen anecken, der Gesellschaft zeigen: Ich muss mich nicht an Normen halten! Und schon gar nicht an Beziehungsnormen. Ja, Menschen sind soziale Wesen, und keine Frage, ein Seelenverwandter, auf den man immer zählen kann, ist unheimlich wertvoll.

Trotzdem heißt das nicht, dass man eine Vermählung braucht. Viele Menschen sind ihr ganzes Leben nicht im Reinen mit sich selbst oder haben sich niemals wirklich verstanden. Wer das kann, Selbstfürsorge pflegt und sich zuerst selbst wählt, hat viel erreicht. Ungebunden sein, Entscheidungen allein treffen, mehrere Menschen daten, immer neue Leute kennenlernen kann auch ein Lebenstraum sein.

Entgegen dem Klischee ist ein Singleleben weder trist noch armselig. Tiefgehende Freundschaften können genauso schön sein wie partnerschaftliche Liebe. Und ganz nebenbei: Wer sich selbst akzeptiert und liebt, zieht auch andere eher an, muss nicht einsam sein oder Normen reproduzieren. Wie gesagt, Selbstheirat ist ein Statement. (RONDO, Melanie Raidl, 5. 5.2024)

Kontra

Der Trend zur Sologamie ist nicht ganz neu. Was sich in den vergangenen drei Jahrzehnten seit der ersten öffentlichkeitswirksamen Selbsthochzeit der US-Amerikanerin Linda Baker gleich blieb: Es sind vor allem Frauen, die sich selbst heiraten. Insofern sollte sich ein Mann eher hüten, bei diesem Thema mitreden oder gar Kontra geben zu wollen.

Auf den ersten Blick spricht auch wenig dagegen, durch einen solchen Akt die eigene Unabhängigkeit zu feiern und das Selbstwertgefühl zu steigern. Bei so mancher medial inszenierten Selbstheirat stellt sich aber schon die Frage, ob es hier nicht eher um das Ausagieren eines übersteigerten Narzissmus geht als um einen Akt der Kritik an unserer pa­triarchal und kapitalistisch geprägten Gesellschaft. Und wenn die zum Besseren verändert werden soll, geschieht das erfahrungsgemäß eher durch gemeinsames Handeln als durch Rückzug auf Selbstliebe.

Schließlich spricht vor allem dagegen, dass Selbstheiraten rechtlich nicht anerkannt sind und auch keine steuerlichen Vorteile bringen – was, zugegeben, ein womöglich etwas patriarchales Argument ist. (RONDO, Klaus Taschwer, 5. 5.2024)