Der für das EU-Budget zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn schließt für sich eine weitere Amtszeit in Brüssel über das Jahr 2024 hinaus mit absoluter Gewissheit aus. Er wäre dazu auch nicht bereit, sollte sich die Bundesregierung in Wien vor dem Wahltag am 29. September beziehungsweise der Neukonstituierung des Nationalrats nicht auf eine Kandidatin oder einen Kandidaten für Brüssel einigen, sagte er bei einem Besuch in Wien auf eine Frage des STANDARD. Er werde mit Antritt der neuen Kommission zu Jahresende aufhören, "wie ich das auch schon angekündigt habe. Daran ist nicht zu rütteln."

Schwierige Aufgabe

Wegen dieser Wahl und der Europawahl am 9. Juni ist die Besetzung eines österreichischen Kommissars diesmal besonders schwierig. In der Regel geschieht dies, nachdem die neue Präsidentin oder der Präsident der Europäischen Kommission vom Europäischen Parlament gewählt worden ist. Das findet üblicherweise im Juli nach EU-Wahlen statt. Favoritin diesmal ist Amtsinhaberin Ursula von der Leyen aus Deutschland. Es könnte aber – je nach Wahlausgang und neuen Mehrheitsverhältnissen im EU-Parlament – auch sein, dass erst bei der Plenarsitzung in Straßburg im September darüber Klarheit herrschen wird. Erst dann würde per Brief durch die gewählte Präsidentin (oder ihren Nachfolger) die Aufforderung an die Regierungen ergehen, Namensvorschläge für Kommissarinnen und Kommissare zu machen.

Hahn im EP.
Johannes Hahn sieht Österreich vor herausfordernden Monaten.
EPA/RONALD WITTEK

Für Österreich im Intensivwahlkampf ist dies keine einfache Aufgabe. Hahn machte deshalb am Montag eine überraschende Ansage: "Die Regierung ist nicht daran gehindert, wesentlich früher eine Nominierung vorzunehmen", sagte er, das sei sofort möglich. "Man muss nicht warten. Die Regierung ist nicht gebunden an die Einladung der Präsidentin." Je früher man nominiere, desto früher bestehe Klarheit. Er, Hahn, sei nicht bereit, der Regierung aus der Patsche zu helfen, "das sind erwachsene Menschen". 2019 hatte es die Regierung Bierlein nicht geschafft, eine andere Kandidatin als ihn durchs Parlament zu bringen. Anders als in den meisten EU-Staaten, wo die Regierung entscheidet, liegt das Letztentscheidungsrecht über einen Kommissionskandidaten in Österreich beim Hauptausschuss des Nationalrats.

"Immer Aufregung"

Mit seiner Anregung dürfte Hahn jedenfalls die Debatte weiter anheizen. Gemäß Regierungsabkommen von ÖVP und Grünen hat die ÖVP das Vorschlagsrecht. Aber vor Nationalratswahlen wäre eine solche Entscheidung vermutlich dennoch umstritten. Als Favoriten gelten derzeit Europaministerin Karoline Edtstadler und Außenminister Alexander Schallenberg der im Gespräch mit dem STANDARD zuletzt aber sein Interesse dementiert hat. Auch Finanzminister Magnus Brunner wird ÖVP-intern genannt, zuletzt auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner. Von grüner Seite werden Klimaministerin Leonore Gewessler Ambitionen für Brüssel nachgesagt. Hahn sieht das entspannt: "Jeder Zeitpunkt (der Nominierung, Anm.) ist ungünstig. Es wird immer Aufregung geben." (Thomas Mayer, 6.5.2024)